Allergene


Allergene sind solche Substanzen, die in der Lage sind, im menschlichen oder tierischen Organismus zuerst eine Sensibilisierung und im Folgenden eine Allergie oder Unverträglichkeit auszulösen. Sie können durch die Atemluft, mit der Nahrung oder sogar über die Haut aufgenommen werden und wirken in unterschiedlicher Weise.

Echte Allergien sind Überreaktionen des Immunsystems auf normalerweise harmlose und verträgliche körperfremde Stoffe. Im Folgenden wird ein kurzer Überblick über die Entwicklung einer Allergie gegeben:
1. Ein Allergen (Antigen) gelangt in den Organismus.
2. Lymphozyten regen die Bildung von Antikörpern an, welche genau zu der Struktur der Antigene passen und diese daher binden können. Nun ist der Organismus sensibilisiert. Beim Erstkontakt mit Antigenen kommt es aber im Normalfall noch nicht zu einer allergischen Reaktion.
3. Kleinste Mengen an Allergenen, die von nun an in den Körper eindringen und mit Antikörpern Bindungen eingehen können reichen aus, um die Ausschüttung sogenannter Mediatorsubstanzen zu veranlassen. Diese dienen eigentlich dazu, Entzündungsreaktionen des Körpers einzuleiten oder aufrechtzuerhalten. Histamin ist die bekannteste Mediatorsubstanz.
4. Durch die Mediatorsubstanzen werden die allergischen Reaktionen ausgelöst.

Allergien können örtlich begrenzt auftreten, zum Beispiel an juckenden, sich rötenden Kontaktstellen mit Schmuck, oder sich an verschiedenen Körperteilen bemerkbar machen, zum Beispiel wenn nach einem Bienenstich die Luftwege zuschwellen.
Bei Lebensmitteln relevant sind die Typ-1- und Typ-3-Allergien. Typ-1-Allergien treten sofort nach Aufnahme des Stoffes auf und können leichte bis schwere, sogar tödliche Reaktionen hervorrufen. Typ-3-Allergien treten zeitlich verzögert zur Einnahme auf und bedingen weniger heftige, weniger klare und zum Teil chronische Reaktionen. Mehr zu Typ-3-Allergien lesen Sie unter Lebensmittelunverträglichkeiten.
Meist sind es körperfremde Eiweiße oder Enzyme, auf die der Organismus allergisch reagiert. Aber auch Kohlenhydrate, Antibiotika, Alkaloide (in Pflanzen, seltener in tierischen Produkten vorkommende Stoffe), Konservierungsmittel, Farbstoffe, Pflanzenschutzmittel, synthetische Fasern und Arzneimittel können Auslöser sein. Im Lebensmittelbereich sind besonders Allergien gegen Meerestiere, Schnecken, Hülsenfrüchte, Eier, Kuhmilch und deren Produkte, Schweine- und Rindfleisch, Getreide und etliche Obstarten häufig. Allergene aus Gemüse und Obst werden oft durch Kochen oder Einfrieren zerstört.

Die Zuordnung einer allergischen Reaktion zu einem bestimmten Lebensmittel wird deutlich erschwert durch die Tatsache, dass Allergien gegen Schimmelpilze häufig sind. Diese sind von Natur aus bereits vor dem Auftreten sichtbaren Schimmels auf Früchten vorhanden und normalerweise nicht schädlich. Wer aber darauf allergisch reagiert, steht einem größeren Problem gegenüber. Auch in der Industrie werden Pilze und andere Mikroorganismen zur Herstellung von Produkten oder zur Verbesserung ihrer sensorischen und ernährungsphysiologischen Qualitäten eingesetzt. Bekannteste Beispiele dafür sind Bier, Wein, Joghurt, Käse und Sauerkonserven. Diese Methoden sind seit langer Zeit bekannt. Neuerdings aber werden die traditionellen Stämme verstärkt durch Hochleistungskulturen ersetzt, die neue Allergierisiken mit sich bringen. Da für die eingesetzten Mikroorganismen keine Kennzeichnungspflicht besteht, können daraus resultierende allergische Reaktionen nicht klar zugeordnet werden.

Lebensmittelallergien: Bestimmte Nahrungsmittel haben ein größeres allergenes Potential als andere. Die folgenden Lebensmittel sind eine Auswahl der wichtigsten unter ihnen. Grundsätzlich kann man aber gegen jedes andere Produkt auch allergisch reagieren und diese Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

* Obst: Äpfel (besonders Braeburn, Cox Orange, Golden Delicius, Granny Smith, Jonagold), Aprikosen, Birnen, Kirschen, Kiwis, Litschis, Magos, Melonen, Nektarinen, Papayas, Pfirsiche, Pflaumen; in vielen Fällen verringert sich die Allergiegefahr, wenn man die Früchte vor dem Verzehr gart.
* Gemüse: Avocados, Fenchel, Hülsenfrüchte (dazu gehört Soja), (rohe) Möhren, Paprika, Sellerie, Tomaten
* Nüsse und Samen: Getreide (besonders Weizen), Erdnüsse, Cashewnüsse, Haselnüsse, Mandeln, Mohn, Paranüsse, Sesamsamen, Sonnenblumenkerne, Walnüsse
* Kräuter und Gewürze: Anis, Basilikum, Beifuß, Curry (Gewürzmischungen), Dill, Estragon, Fenchel, Kamille, Koriander, Kümmel, Oregano, Paprikapulver, frische Petersilie, Pfeffer, Pfefferminze, Schnittlauch, Senf, Soja, Thymian; Vorsicht bei Gewürzmischungen, nicht immer weiß man, was genau sie enthalten!
* tierische Produkte: Fisch, Hühnereier (Vorsicht: auch einige Medikamente enthalten Hühnereieiweiß!), Kuhmilch und Kuhmilchprodukte, Ziegenmilch, Schafsmilch, Schalentiere

Kreuzallergien, auch Kreuzreaktionen oder Gruppenallergien genannt, entstehen innerhalb botanischer Verwandtschaften, aufgrund derer die Früchte oder Pollen ähnliche Allergene besitzen. Bei einer Kreuzallergie reagiert man auch auf Stoffe allergisch, mit denen man bisher nicht in Berührung gekommen ist, oder die bisher unproblematisch waren. Sie muss nicht sofort mit Beginn der ersten Allergie eintreten, aber bestimmte Allergien machen ein Auftreten von Überreaktionen gegen andere Gruppenvertreter wahrscheinlicher.
Wer gegen Birken-, Hasel- oder Erlenpollen allergisch ist, leidet oft unter Kreuzallergien mit einigen Kern- und Steinobstarten, Kiwis und Maracujas sowie mit Nüssen, Karotten und Sellerie. Getreidepollenallergiker sind oft auch gegen das Getreide selber und einige Hülsenfrüchte allergisch, wer auf heimische Kräuter reagiert, hat häufig auch Probleme mit Gewürzen.
Man spricht aber auch von Kreuzreaktionen, wenn zum Beispiel ein Hühnerei-Allergiker auch Hühnerfleisch nicht verträgt.

Nahrungsmittelunverträglichkeiten oder -intoleranzen werden häufig als Allergien bezeichnet, sind aber nicht immer echte Allergien. Es gibt der Literatur nach 2 Typen von Unverträglichkeiten:

1) Reaktionen auf enthaltene Stoffe, die nichts mit dem Immunsystem zu tun haben. Sie entstehen durch
a. Enzymmangel oder -defekte, die die Verdauung bestimmter mit der Nahrung aufgenommener Stoffe verhindern oder so verändern, dass dabei Stoffe frei werden, die der menschliche Organismus nicht verwerten kann. Hierzu gehört zum Beispiel die Unverträglichkeit für Lactose. Manche Autoren zählen aber auch Pseudoallergien mit in diese Kategorie.
b. Biogene Amine (Abbauprodukte von Aminosäuren) verursachen unterschiedliche Beschwerden, u.a. kann beispielsweise der Blutdruck erhöht werden. Normalerweise wird der größte Teil der biogenen Amine aber im Darm unschädlich gemacht. Lebensmittel mit besonders vielen biogenen Aminen sind: Algen, Alkohol, Bananen, Fisch, Hartwurst, Hefeextrakt (Glutamat), Innereien, Käse (außer Frischkäse), Kakao, Keimlinge, Sauerkonserven (Sauerkraut), Soja, Walnüsse, Weinessig, Zitrusfrüchte
c. Mitverzehrte Bakterien, giftige Substanzen, Nahrungsmittelbestandteile oder -zusatzstoffe, auf die der Körper unerwünschte Reaktionen zeigt.
d. Starken Widerwillen gegenüber bestimmten Lebensmitteln. Die Stärke der Beschwerden bei dieser Art Lebensmittelintoleranz ist in der Regel abhängig von der aufgenommenen Dosis des auslösenden Stoffes.
2) Die sogenannte Typ-3-Allergie. Sie ist eine verzögerte Reaktion des Immunsystems auf bestimmte Nahrungsmittel, die durch andere Antikörper vermittelt wird, als die Typ-1-Allergie. Die Reaktion ist um einige Stunden bis Tage nach der Aufnahme des auslösenden Stoffes verzögert und damit oft nicht direkt mit einem bestimmten Nahrungsmittel in Verbindung zu bringen. Der Verlauf einer solchen Allergie ist nicht akut und nicht tödlich. Während die Reaktionen zu Anfang noch schwach sein können, entwickeln sich mit der Zeit chronische Leiden mit entzündlicher Natur. Auslöser sind hier solche Lebensmittel, die man besonders häufig isst.

Lebensmittelintoleranzen können sehr offensichtlich und auf die Einnahme eines Lebensmittels zurückzuführen sein (Bauchschmerzen, Durchfall, etc.). Aber Unverträglichkeiten des Allergie-Typs 3 können sich auch sehr viel unspezifischer ausdrücken: Depressionen, Schlaflosigkeit, ständige Müdigkeit und viele andere Symptome konnten schon häufig auf nicht erkannte Unverträglichkeiten von regelmäßig gegessenen Lebensmitteln zurückzuführen sein.

Pseudoallergien sind Reaktionen, die allergischen Reaktionen stark ähneln. Dabei werden Histamin und andere Mediatorsubstanzen ausgeschüttet, ohne dass das Immunsystem zuvor eine Sensibilisierung erfahren hat. Sie können schon beim ersten Kontakt mit dem auslösenden Stoff auftreten und sind im Gegensatz zu echten Allergien meist dosisabhängig.

Pseudoallergien werden besonders von den folgenden Stoffen häufig ausgelöst:
* Farbstoffe: gelb: E102, E104, E110; rot: E120, E122, E123, E127 E180; blau: E131, E132; schwarz: E151
* Konservierungsstoffe: E200 - E203; E210 - 228; E230 - 233; E249 - 252;
* Antioxidantien: E310 - 312; E320; E321
* Geschmacksverstärker: E620 - 626 (Glutaminsäure und Glutamate)
* Süßstoffe: E950, E951, E952, E954, E955, E962

Rechtliches zur Allergenkennzeichnung und zu kennzeichnende Allergene in verarbeiteten Lebensmittel
Neben der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung (LMKV), die vorschreibt, dass und wie die Zutaten verpackter Lebensmittel auf der Packung gekennzeichnet werden müssen, existiert auf EU-Ebene eine Richtlinie zur Kennzeichnung von Allergenen in verpackter Ware. Sie verpflichtet Hersteller verpackter Lebensmittel dazu, die 14 häufigsten Allergieauslöser im Zutatenverzeichnis oder im Produktnamen zu nennen, sofern diese in der Ware enthalten sind.
Diese 14 zu deklarierenden Zutaten sind:

1. Glutenhaltige Getreide (d. h. Weizen, Roggen, Gerste, Hafer, Dinkel, Kamut oder deren Hybridstämme) und bestimmte daraus gewonnene Erzeugnisse
2. Krebstiere und daraus gewonnene Erzeugnisse
3. Eier und daraus gewonnene Erzeugnisse
4. Fische und bestimmte daraus gewonnene Erzeugnisse
5. Erdnüsse und daraus gewonnene Erzeugnisse
6. Sojabohnen und bestimmte daraus gewonnene Erzeugnisse
7. Milch und bestimmte daraus gewonnene Erzeugnisse (einschließlich Laktose)
8. Schalenfrüchte, d. h. Mandeln, Haselnüsse, Walnüsse, Kaschunüsse, Pekannüsse, Paranüsse, Pistazien, Makadamianüsse und Queenslandnüsse und daraus gewonnene Erzeugnisse
9. Sellerie und daraus gewonnene Erzeugnisse
10. Senf und daraus gewonnene Erzeugnisse
11. Sesamsamen und daraus gewonnene Erzeugnisse
12. Schwefeldioxid und Sulfite in Konzentrationen von mehr als 10 mg/kg oder 10 mg/l, ausgedrückt als SO2
13. Lupinen und daraus gewonnene Erzeugnisse
14. Weichtiere und daraus gewonnene Erzeugnisse.


Auf der Packung müssen sie auch angegeben sein, wenn sie nur als Trägerstoff oder als Lösungsmittel verwendet worden sind.

Für Allergiker gibt es allerdings 2 Punkte weiterhin zu bedenken:

1. Die Richtlinie gilt nur für verpackte Ware. Unverpackte Produkte (zum Beispiel vom Markt oder Bäcker) müssen nicht gekennzeichnet werden. Auch verpackte Einzelwaren, deren größte Einzelfläche kleiner ist als 10 cm² müssen keine Zutatenliste und keine Allergenkennzeichnung tragen.
2. Lebensmittel, die vor dem 31.3.2009 in den Handel verkauft oder etikettiert wurden, und für die vor Inkrafttreten der Richtlinie im November 2007 noch keine Allergenkennzeichnung notwendig war, dürfen so lange verkauft werden, bis die Bestände aufgebraucht sind. Es ist also möglich, dass besonders lange haltbare Produkte, wie zum Beispiel Konserven, zwar einen der 14 allergieauslösenden Inhaltsstoffe enthalten, dies aber noch nicht auf der Packung angegeben ist.


Allergieentwicklung vorbeugen

Fest steht, dass Echte Allergien, also Überreaktionen des Immunsystems, zumindest zum Teil genetisch bedingt sind. Kinder, deren Eltern schon unter Allergien leiden, haben ein größeres Risiko als solche aus allergielosen Familien. In der kindlichen Entwicklung deuten Nahrungsmittelintoleranzen und Neurodermitis oft auf eine Allergieneigung hin, die sich später in Allergischem Schnupfen, Asthma und weiteren Unverträglichkeiten ausdrückt.

Um Allergien vorzubeugen können Eltern ihre Kinder während des ersten Lebensjahres möglichst wenigen der bekannten Nahrungsmittelallergene aussetzen, also keine Kuhmilchprodukte, keinen Fisch usw. geben. Auch Stillen und der Verzicht auf das Rauchen während der Schwangerschaft und Stillzeit helfen nach aktuellen Erkenntnissen, dem Ausbruch genetisch bedingter Allergien vorzubeugen.
Trotzdem ist „In-Watte-Packen" nicht zu empfehlen: Sofern das Kind nicht schon in den ersten Lebensmonaten während der Stillzeit Anzeichen von Allergien zeigt (Neurodermitis), sollten die Eltern auf spezielle HA-Nahrung (hypoallergene Säuglingsnahrung) ebenso verzichten, wie auf eine hypoallergene Diät der stillenden Mutter.

Eine von 2003 bis 2006 durch das Robert-Koch-Institut durchgeführte Studie im Auftrag des Bundesgesundheitsministeriums mit 18000 Kindern lässt darauf schließen, dass Allergien nicht allein auf erbliche Veranlagung zurückzuführen sind. Bei Kindern, die häufig im Dreck spielten, früh im engen Kontakt mit anderen Kindern standen oder mehrere Geschwister hatten, traten weniger häufig Allergien auf als bei solchen, die in einer blitzsauberen Umgebung und mit wenig Kontakt mit möglichen Krankheitserregern oder Allergieauslösern aufwuchsen.

Sofern Sie schon unter Allergien leiden, sollten Sie diese Stoffe meiden, auch wenn die Allergie noch wenig entwickelt ist. Außerdem ist es oft empfehlenswert, auch bestimmte andere mögliche Allergene, auf die Sie noch nicht reagieren, zu meiden.