Lebensmittel /Arzneimittel


engl. foods and pharmaceuticals

 

 

Durch Lebensmittel mit Zusatznutzen („Calcium für die Knochen", „Mit Vitaminen für gute Abwehrkräfte"), Nahrungsergänzungsmittel in Pillen-, Pulver- oder Brauseform, Säfte, die es nur in Apotheken zu kaufen gibt und andere Phänomene der modernen Konsumgesellschaft verschwimmt die Grenze zwischen Lebens- und Arzneimittel immer mehr.

Ab wann ist ein Vitaminpräparat kein Nahrungsergänzungsmittel mehr, sondern ein Medikament?

Sind frei im Handel verkäufliche Mineralstoff-Brausetabletten in unbegrenzter Form ohne Risiko einnehmbar?

Was steckt wirklich hinter Werbeversprechen, wie „Unterstützt die natürliche Darmflora"?

 

 

Definition Lebensmittel

 

Lebensmittel sind per EG-Verordnung Nr. 178/2002 und Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) definiert als „alle Stoffe oder Erzeugnisse, die dazu bestimmt sind [...] von Menschen aufgenommen werden."

Auch Getränke & Wasser, Kaugummis und sämtliche bei der Herstellung von verarbeiteten Lebensmittelprodukten zugesetzten Stoffe gehören dazu.

Lebende Tiere, Futtermittel, nicht geerntete Pflanzen, Arzneimittel, Kosmetika, Tabak und seine Erzeugnisse, Betäubungsmittel, sowie Rückstände und Kontaminanten (z.B. aus der Düngung und Umwelt) zählen nicht zu den Lebensmitteln.

 

 

Definition Arzneimittel

 

Die folgende Definition richtet sich nach §2 Arzneimittelgesetz:

„Arzneimittel sind Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen", die im oder am menschlichen oder tierischen Körper Krankheiten oder Beschwerden heilen, lindern oder verhüten sollen.

Auch solche Stoffe oder Zubereitungen daraus, die körperliche Funktionen (zum Beispiel Verdauung, Atmung) wiederherstellen, korrigieren oder beeinflussen sollen und solche, die helfen sollen, eine medizinische Diagnose zu stellen, gelten als Arzneimittel.

 

 

Zur Abgrenzung von Lebens- und Arzneimitteln

 

Obwohl auch Arzneimittel „dazu bestimmt sind, [...] vom Menschen aufgenommen zu werden", gehören sie per Definition aus der EG-Verordnung nicht zu den Lebensmitteln.

Im Unterschied zu ihnen haben Medikamente nämlich die Eigenschaft, „Krankheiten oder Beschwerden zu heilen, lindern oder verhüten" oder auf körperliche Funktionen verbessernd einzuwirken.

Vitamin- und Nährstoffpräparate werden normalerweise unter die Lebensmittel geordnet. Der Oberbegriff dafür ist „Nahrungsergänzungsmittel" (siehe unten). Diese sind für gesunde Personen, die sich vielseitig ernähren überflüssig, da der Körper aus den Lebensmitteln alle Nährstoffe bekommt, die er benötigt. Wer sich ausgewogen ernährt kann und sollte jedoch auf solche Mittel verzichten. Nur in bestimmten Situationen oder bei unausgewogener, einseitiger Ernährung ist eine Ergänzung mit einzelnen Nährstoffen sinnvoll.

Wenn ein Nährstoff-Präparat jedoch mehr als das Dreifache der von der DGE (Deutschen Gesellschaft für Ernährung) für die tägliche Ernährung empfohlenen Menge eines Vitamins enthält, wird es nicht mehr als Nahrungsergänzungsmittel zugelassen, sondern ist rechtlich gesehen ein Arzneimittel.

Im Internethandel ergibt sich nun eine Grauzone zwischen Nahrungsergänzungs- und Arzneimitteln. Hier werden hochdosierte Vitaminprodukte (nicht als Nahrungsergänzungsmittel zugelassene Arzneimittel) als Nahrungsergänzungsmittel angeboten. Das Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin (BgVV) „warnt bei Nahrungsergänzungsmitteln, die Vitamine in hoher Dosis enthalten, dringend vor einer Selbstmedikation ohne ärztliche Kontrolle. Auch hinsichtlich möglicher Nebenwirkungen und gesundheitlicher Risiken sind solche Produkte ohne Zulassung nicht geprüft" (Quelle: Pressedienst des BgVV vom 17.03.2000: Hochdosierte Vitaminprodukte sind keine Nahrungsergänzungsmittel ).

 

 

Definition und Diskussion Nahrungsergänzungsmittel

 

Dieser Begriff ist rechtlich nicht definiert. Im Allgemeinen handelt sich dabei um Konzentrate von Nährstoffen (Vitamine, Mineralstoffe, Spurenelemente, Aminosäuren, Ballaststoffe, Pflanzen- oder Kräuterextrakte) mit besonderer Bedeutung für die Ernährung und/ oder den Körper. Sie zählen zu den Lebensmitteln.

Nahrungsergänzungsmittel sind per Definition dazu bestimmt, die allgemeine Ernährung  zu ergänzen und werden in kleinen Portionsgrößen in bestimmten Darreichungsformen (z.B. Pulver, Tabletten, Kapseln o. ä.) gehandelt. Auf der Packung muss eine Angabe darüber vorhanden sein, wie hoch die täglich empfohlene Aufnahmemenge ist. Sie müssen, im Gegensatz zu Arzneimitteln, nebenwirkungsfrei sein, was jedoch zumindest bei Beta-Carotin nicht unbedingt der Fall zu sein scheint: Einige Studien deuten darauf hin, dass isoliertes Beta-Carotin, die Vorstufe für Vitamin A,  die in Vitaminpräparaten häufig verwendet wird, bei bestimmten Personengruppen (Rauchern und Astbestarbeitern) sogar unerwünschte Nebenwirkungen haben kann (erhöhtes Risiko für Lungenkrebs und Myokardinfarkt). Allerdings fehlen noch Studien über die genauen Wirkungen auf Nichtraucher. Trotzdem darf es bisher noch ohne Höchstmengeneinschränkung für Nahrungsergänzungsmittel in der EU verwendet werden. Auch für die übrigen Nährstoffe sind in der EU bisher keine Höchstmengen festgelegt. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) empfiehlt aus Gründen des vorsorgenden Gesundheitsschutzes, eine Höchstmenge von 2 mg Beta-Carotin pro Tagesverzehrdosis eines Nahrungsergänzungsmittels nicht zu überschreiten.

Wer sich ausgewogen und vielseitig ernährt, benötigt in der Regel keine Nahrungsergänzungsmittel, da die Nahrung alle benötigten Stoffe in ausreichender Menge zur Verfügung stellt. Moderne vorgefertigte Produkte werden immer häufiger mit Vitaminen oder Mineralstoffen „aufgewertet" (siehe unten, unter „Werbeversprechen und die Health-Claims-Verordnung"). Mit einer zusätzlichen Einnahme von Präparaten gelangt man hiermit schnell an die empfohlenen Obergrenzen.

 

 

Weitere Definitionen

 

Definition Lebensmittelzusatzstoffe

 

Aus dem Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) geht folgende Definition für Lebensmittelzusatzstoffe hervor:

„Lebensmittel-Zusatzstoffe sind Stoffe mit oder ohne Nährwert, die in der Regel weder selbst als Lebensmittel verzehrt noch als charakteristische Zutat eines Lebensmittels verwendet werden".

Sie werden „einem Lebensmittel aus technologischen Gründen beim Herstellen oder Behandeln zugesetzt", „wodurch sie selbst oder ihre Abbau- oder Reaktionsprodukte mittelbar oder unmittelbar zu einem Bestandteil des Lebensmittels werden oder werden können."

Auch solche Stoffe, die zwar ebenfalls nicht selbst als Lebensmittel verzehrt werden oder charakteristische Zutat sind, und die aus anderen als technologischen Gründen zugegeben werden, gelten als Lebensmittel-Zusatzstoffe. Hierunter fallen zum Beispiel Farbstoffe, die aus optischen Zwecken eingesetzt werden. Aromen hingegen gelten nur dann als Zusatzstoffe, wenn sie künstlich hergestellt sind und ihre chemische Struktur kein natürliches Vorbild hat.

„Mineralstoffe und Spurenelemente sowie deren Verbindungen außer Kochsalz, [...] Aminosäuren und deren Derivate" und die „Vitamine A und D sowie deren Derivate" fallen ebenfalls unter den Zusatzstoff-Begriff.

 

 

Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke

 

Dabei handelt es sich um Lebensmittel, die nur unter medizinischer Aufsicht verwendet werden dürfen. Sie sind speziell für Patienten mit eingeschränkter oder beeinträchtigter Fähigkeit zur Verdauung, Aufnahme oder Umsetzung von einzelnen Nährstoffen oder ganzen Lebensmitteln, mit Allergien oder Übergewicht gedacht. Ihre Zusammenstellung und Verarbeitung entspricht demnach Anforderungen, die nur sehr wenige Menschen stellen und ist für gesunde Konsumenten nicht empfehlenswert.

 

 

Werbeversprechen und die Health-Claims-Verordnung

 

Seit einigen Jahren werden Lebensmittel in Deutschland und der EU zunehmend mit Angaben versehen, die besondere Vorteile für die Gesundheit versprechen. Aus verschiedenen Gründen ist dies in die Diskussion von Verbraucherschützern und Wirtschaftswissenschaftlern geraten:

  • Einzelne Produkte sind, wenn man die Gesamtheit dessen betrachtet, was ein Verbraucher täglich isst, von relativer Bedeutung. Um Konsumenten vor dem Irrglauben zu schützen, dass sie ihre Gesundheit durch den zusätzlichen Verzehr eines weiteren Produktes verbessern können, sind Regeln für die Auslobung von gesundheitsbezogenen Aussagen wichtig.
  • Verbraucher sollen nicht zu der Annahme verleitet werden, dass durch Verwendung eines oder mehrerer Lebensmittel Krankheiten sicher vorgebeugt oder geheilt werden können.
  • Wenn es unter den Bundesländern oder den Mitgliedsstatten der EU unterschiedliche Regelungen zur Kennzeichnung und Auslobung von Lebensmitteln gibt, können ungleiche Wettbewerbsbedingungen entstehen.
  • Es kam des Öfteren zu Aussagen, die gesundheitliche Vorteile versprachen, die nicht nachgewiesenermaßen durch das Lebensmittel gegeben waren. Auch hiervor sollten Verbraucher geschützt werden.

Aufgrund dessen wurde 2006 eine für alle EU-Mitgliedsstaaten einheitliche Verordnung über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel (Health-Claims-Verordnung) herausgegeben. Sie soll dazu beitragen, dass Verbraucher besser über die Zusammensetzung der Lebensmittel und deren Bestandteile informiert werden. Gleichzeitig soll ein fairer Wettbewerb der Lebensmittel-Hersteller innerhalb der EU gefördert werden.

Die Vorteile der Health-Claims-Verordnung für den Verbraucher:

  • Aussagen über den Gesundheitswert von Lebensmitteln sind nur erlaubt, wenn sie wissenschaftlich bewiesen und anerkannt sind.
  • Aussagen darüber, dass ein Inhaltsstoff für eine spezielle gesundheitliche oder körperliche Wirkung verantwortlich ist, sind nur erlaubt, wenn dieser auch in so großer Menge und für den menschlichen Organismus verwertbarer Form im Lebensmittel enthalten ist, dass er diese Wirkung haben kann. Ist seine Konzentration im Produkt zu klein, um Wirkung zu erzielen, oder verwendet man von dem Lebensmittel normalerweise so kleine Mengen, dass die aufgenommene Menge des fraglichen Stoffes zu gering wird, darf seine Wirkung auch nicht ausgelobt werden.
  • Andersherum sind Aussagen darüber, dass ein bestimmter Inhaltsstoff, der für die Gesundheit oder den Körper nicht oder nur begrenzt zuträglich ist (z.B. Salz, Fett), reduziert wurde, oder dass das Lebensmittel frei, bzw. arm an etwas ist, nur erlaubt, wenn ebendiese Reduzierung ausreichend groß ist, um eine Wirkung zu erzielen. Das schützt die Verbraucher zum Beispiel vor „Light- Produkten", die kaum Energieeinsparung bringen.  
  • Gesundheitsbezogene Aussagen, wie zum Beispiel „stärkt die Abwehrkräfte", „cholesterinsenkend" oder „für starke Knochen" dürfen nur dann aufgedruckt oder in der Werbung verwendet werden, wenn sie im Gemeinschaftsregister der „Claims" aufgeführt und für das fragliche Lebensmittel oder die Lebensmittel-Zutat erlaubt sind.
  • Angaben bezüglich des Nährwertes oder gesundheitsbezogenen Aspekten dürfen nur gemacht werden, wenn sie mit den allgemein akzeptierten Ernährungs- und Gesundheitsgrundsätzen übereinstimmen und den Verbraucher nicht dazu verleiten, ein Lebensmittel übermäßig zu verzehren, oder vernünftige Ernährungsgewohnheiten aufzugeben.
  • Die vorgeschriebene Form für Nährwertprofile soll verhindern, dass sich bewusst ernährende Verbraucher durch die Angabe unüblicher Portionsgrößen irregeführt werden, was den Nährwert eines Lebensmittels betrifft.